Gedichte zum 75. Geburtstag


Gedichte zum 75. Geburtstag


Zum 75. Geburtstag und darüber

Geschmückt Tafel und Gemach,
Und spült die großen Gläser!
Denn heut ist Feiertag,
Und ich bin Festverweser!
Heut schmause groß die große Schar!
Nur ein Geburtstag kommt im Jahr!

Heut sitzen um den Tisch
Die Alten mit den Jungen:
Ein lustiges Gemisch,
Verklärt an Aug' und Zungen.
Dem Wohlgebornen tönt der Dank
Der Wohlgeburt mit Gläserklang.

Ja, manches Jahr verschwand;
Wir werden täglich älter!
Bald liebt man warm Gewand,
An Haupt und Fuße kälter.
Man steiget langsam auf und ab,
Und wandelt ehrenfest am Stab.

Doch mag der Jahre Frost
Das Jugendfeuer lindern;
Der Gute bleibt getrost,
Und scherzet gern mit Kindern.
Er sitzt an warmer Sonne wohl;
Doch nie verdreht sich ihm der Pol.

Er höret gern bei Nacht
Den Liebesvogel flöten,
Und schaut, auch überwacht,
Mit Lust des Morgens Röten.
Strahlt auch der Menschheit Morgen auf;
Er grämelt nie dem neuen Lauf.

Er forscht, ob gut es sei,
Was jetzo neues waltet.
Das alte war auch neu,
Und noch so neues altet.
Sagt nur sein Herz ihm: Das ist gut!
So liebet ers mit Jünglingsmut.

Nie schwankt er her und hin;
Er steht mit sich im Bunde.
Gegründet steht sein Sinn
Auf festem Felsengrunde.
Er liebt des Guten Blüt' und Frucht,
Und hasset Trotz und Eigensucht.

Sein Herz, von Hefen rein,
Wird geistig nur, nicht sauer.
Er wird, wie edler Wein,
Veredelt durch die Dauer.
Durch weiser Worte Labetrunk
Erhöht er kühner Taten Schwung.

O Freund, uns ward dein Geist
Gutedel schon gekeltert;
Er gohr sich klar und fleußt
Wie Balsam nun, geältert.
Klingt an! Noch viele Jahre so!
Und auch das letzte lebensfroh.

Johann Heinrich Voß


Der besten Mutter

Zum 75. Geburtstag

Wir wissen's, deine stille Seele,
Sie teilt sich zwischen dort und hier;
Wir alle fühlen, was ihr fehle.
Was du verlorst, verloren wir.

Die Treuern, die dahingeschieden,
Sie winken dir zum schönern Land;
Doch viele blieben dir hienieden
Und halten liebend deine Hand.

Dir lächeln viele heut entgegen,
Die kaum erst deinen Wert verstehn:
O lass auch sie in deinem Segen
Noch manches Jahr durchs Leben gehn!

Mag auch dein Herz hinüberstreben,
O gönn uns dich noch lange Zeit!
Denn flüchtig ist das längste Leben
Und endlos ist die Ewigkeit.

Und in der irdischen Beschwerde
Ist Eines doch, was göttlich flammt,
Was an den Himmel knüpft die Erde:
Die Liebe, die vom Himmel stammt.

Ludwig Uhland


Meiner teuren Mutter

zum 23. Februar 1910

Wie ist dein Leben reich
An Leiden und Entbehrung,
An Arbeit, Opfermut,
An stiller Freud' und Ehrung!

Du hast so manches Kreuz
Getragen sonder Wanken -
Und was ich heute bin,
Das hab' ich dir zu danken!

Vergönn' dem schlichten Lied,
Dir innig Dank zu zollen,
Vom Herzen quellend tief,
Dem heißen, übervollen.

Am heutigen Weihetag
Dein Geist, der edelklare,
Darf schaun mit Stolz zurück
Auf vierundsiebzig Jahre!

Darf in die Zukunft auch
Mit heitrem Blicke schauen:
Der Gottheit Segen strahlt
Dir, bester aller Frauen! -

Franz Josef Zlatnik


Gedichte zum 75. Geburtstag