Gedichte zum 70. Geburtstag


Gedichte zum 70. Geburtstag Gedichte 70. Geburtstag


Tischlied

(zu Zelters siebzigstem Geburtstag)

Lasset heute am edlen Ort
Ernst und Lust sich mischen,
Geist an Herz, Ton an Wort
feierlichst erfrischen!
Froh genießet eurer Lage;
denn man setzt nicht alle Tage
sich zu solchen Tischen.

Ein bedeutend ernst Geschick
waltet übers Leben;
denn es nimmt der Augenblick,
was die Jahre geben.
Ist so manches gut zerronnen,
hat uns mehr und mehr gewonnen
männlich kühn Bestreben.

Doch an Lethes Labetrank
darf es heut nicht fehlen!
Treu Gefühl und frommer Dank
waltet durch die Seelen!
Lasset ew'ge Harmonien
bald sich suchen, bald sich fliehen,
und zuletzt vermählen.

Unser Mann, er tat ja so;
leb' er drum! er lebe!
Werde seiner Säle froh,
daß er nehm' und gebe;
wie bisher, im Allerbesten,
sich zu Tag- und Jahresfesten,
uns zu Liebe er strebe!

Johann Wolfgang von Goethe


Zum 70jährigen Geburtstage eines Onkels

Was auch die Menschen trennt, die Geister scheidet,
Eins giebt's, was alle Welt verehrt,
Die Tugend mit dem Strahlenkranze,
Die uns sich selbst vergessen lehrt.

Wer so wie Du in ihr gelebt, gewandelt,
Sie liebend keinen Augenblick verließ,
Mit aller Kraft und Lust nur gut gehandelt,
Zu jeder Zeit man gerne pries!

Ob viel geprüft, gekämpft, ob viel gelitten
Bewußtsein heißt das inn're Glück,
Den Allerbesten ward nicht mehr beschieden -
Kein höh'res strahlt vom Thron zurück. -

Friederike Kempner


's Mandl

In der Volksmundart.
Edward Samhaber zum 70. Geburtstage.


Durch d' Stadt geht á Mándl
Mit eisgráwe Haar,
Dös rödt mit eahm selbn
Und lacht wiar á Narr:

I bin bei viel Tausend,
Sagt's, einkehrt, ja, ja,
War iadá dátaddárt:
Dá Siebz'gá is da!

Abá so á Báboantá,
Wia der Liadlmachá
Da magst di nöt ránt'n -
Muaßt höllisch lachá.

Geh, sagt á, sitz' niedá,
Da hast á Glásl Wei(n),
Jatzt wölln má oans singá
Und lusti muaß's sei(n)!

Aft singt á wia á Jungá,
Dáß's um und um hallt:
Von Bácherl und Bleámerl,
Von Vogerl in Wald.

I los eahm so zua -
Is 's Ernst oder Gspoaß?
Da hat er mi bein Fráck scho(n)
Und mir tanzn in Kroas.

Du Haderlump, sagt á,
Jatzt woaßt es do g'wiß,
Daß oaner von uns da
Koa Siebz'gá nöt is.

Koa Siebz'gá nöt is;
In Herz und in Gmüat,
Aus dem eahm dá G'sang
Wiár á Rosenstock blüaht!

Ja, ja, sag i dráf,
's muaß woltá so sei(n);
Ja, d' Bleamerln - und 's Bácherl -
Und 's G'sang - und dá Wei(n)!

Und weidá geht's Mándl
Und pfugázt und lacht:
Der Sákrá ,der hät' mi
Frei selber jung g'macht!

Hans Ernest


Zum 70. Geburtstag

Wer mit Ehren siebzig Jahre
Seinen Pilgerpfad gewandelt,
Immer pflichtgetreu gehandelt.
Guter Christ und Bürger war;

O, den schmücken freudig heut'
Wir mit neuen Ehrenkränzen,
Die noch frisch und duftend glänzen
Dort im Licht der Ewigkeit.

Vater! ja, Du bist es wert,
Dass mit reinem Herzensschlage
Dich an Deinem Wiegentage
Jeder Edle hoch verehrt.

Heil Dir, vielgeprüfter Greis!
Deines Lebens Abendsonne
Stärke Dich mit neuer Wonne,
Trock'ne Deiner Arbeit Schweiß.

Lebe glücklich, edler Mann!
Gott wird Deinem späten Leben
Jugendliche Kräfte geben! -
Nimm den Wunsch der Kinder an.

Poetischer Bibliothekar, 1845


70. Geburtstag

Heut', wo Du siebzig Jahr,
Drängt jubelnd sich die Schaar
der Enkel hin zum Greise,
Und bringt nach eig'ner Weise
Dir ihre Wünsche dar.

Wir Kleinen wagen schon,
im herzlich treuen Ton
Dir unser'n Wunsch zu bringen;
O, möchte es gelingen!
Süß wäre dann der Lohn.

Du bist so lieb und gut;
Sie gäben gern ihr Blut,
Dir Freude zu bereiten,
Und trügen Deine Leiden
Mit festem, frohen Mut.

Der Himmel schenke Dir
Noch viele Jahre hier
Im frohen Erdenleben
Und Segen ihrem Streben:
Stets zu gefallen Dir.

Größväterchen, haha!
Die Kleinen sind auch da,
Sie küssen Dir die Hände
Und wünschen Glück oh'n Ende!
Ist's so nicht recht? - Ja, ja!

Sammlung von Gelegenheitsgedichten, 1852


70. Geburtstag

Siebzig Mal sahst Du den Frühling sich verjüngen,
Siebzig Mal das Feld die vollen Ähren bringen,
Und ein frommer, gottergeb'ner Sinn
Führt' in dieser langen Reih' von Jahren
Dich durch Glück, Beschwerden und Gefahren
Kraftvoll zu des Alters Ruhe hin.

Viele Dinge haben anders sich gestaltet,
Aber Deine Redlichkeit ist nicht veraltet,
Wahr in Wort und Tat, bliebst Du Dir gleich.
So besteht der Mann von inner'm Werte;
Wenn er auch des Glückes äußern Glanz entbehrte,
Ist er doch durch Tugend groß und reich.

Selig ist die Rückerinnerung des Greises,
Wenn er an die heißen Tage seines Fleißes,
Wenn er seiner Tätigkeit gedenkt.
Wer, wie Du, mit Mäßigkeit genossen
Jede Lebensfreude, und stets unverdrossen
Seines Hauses Wohl aufs Beste lenkt:

O, der kann mit Recht an seinem Lebensabend,
Wie ein Müder nach des Tages Last sich labend,
An dem Wohl der Seinen sich erfreu'n. -
Möge lange noch dies Glück Dir blühen,
Mögest Du die Enkel alle noch erziehen,
Welche heut' sich Deiner Tugend weih'n!

Sammlung von Gelegenheitsgedichten, 1852


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