Gedichte zum 60. Geburtstag
Sechzig Lenze sind dahingegangen,
Seitdem du einst des Himmels Licht erschaut,
Noch sehen wir auf deinen frischen Wangen
Im zarten Rot des Lebens Rosen prangen,
Und deine Leier tönt noch voll und laut.
Und deine Lieder aus tiefster Seele quellen,
Schier unversiegbar scheint ihr Lebensborn,
Und deine Augen funkelnd sich erhellen -
Ich seh' das holde Glück sich dir gesellen,
In seinen Sternen scheinst du neugeboren.
Ein Götterliebling bist du, reich an Liebe
Zu deiner Kunst, dem Schönen gilt dein Blick,
Dem Edlen gelten deines Herzens Triebe - -
Ich wüßte nicht, was dir als Wunsch noch bliebe,
Was dir noch fehlt zu deinem vollen Glück!
Du bist im Herzen immer jung geblieben,
Wenn auch das rauhe Leben schon bleicht dein Haar.
Und was die Feinde gegen dich getrieben,
Vermochte nicht, in uns dein Bild zu trüben,
Du bleibst der Alte für uns immerdar.
In deinem Kinde, in deinen vielen Werken
Fortleben sollst du bis zur fernsten Zeit,
Das Altern soll die Welt an Dir nicht merken,
Und unsere Liebe soll dein Schaffen stärken,
O lebe, Freund, noch lang in Glück und Seligkeit.
Johann von Saar
(1902)
Dem wohlerprobten Kampfgenossen,
Der seit der fernen Jugendzeit
Selbstlos und treu und unverdrossen
Sich hoch bewährt im heil'gen Streit -
Dem wackern Freund, ergraut in Ehren,
Der seines Lebens besten Teil
Gewidmet hat des Menschtums Lehren:
Zu diesem Tag ein jubelnd Heil!
Aus vollem Herzen hörst Du's klingen,
Es ist ein Gruß, den Liebe beut;
Der soll in Deine Seele dringen,
Daß sie den alten Bund erneut -
Den Bund, dem Du so lange lebtest,
Erfüllt vom Geist des neuen Rechts,
In dem Du opferfreudig strebtest
Fürs Glück des menschlichen Geschlechts.
Dir ward aus läuternder Erfahrung,
Die alle Zweifel niederzwingt,
Der Wahrheit höchste Offenbarung:
Daß sie den Siegespreis erringt.
Auch Du hast nicht umsonst gestritten
Mannhaft für sie so manches Jahr,
Von Sieg zu Sieg ist sie geschritten
Mit Dir in kampfgeweihter Schar.
Und weiter, weiter will sie schreiten.
Erfüllt wird Deiner Jugend Traum,
In allgewaltig ernstem Streiten
Erobert sie sich Zeit und Raum.
O große Zeit! Es will errichten
Gerechtigkeit sich ihren Thron -
Und diese Zeit mit ihren Pflichten,
Freund, ist auch Deines Wirkens Lohn.
Froh kannst Du schaun, mit sechzig Jahren,
Wie rings ein neues Leben sprießt,
Wie aus der Wahrheit wunderbaren
Urkräften neuer Segen fließt.
Es dringe dieses Segens Feuer
Verjüngend Dir ins Herz hinein,
Und mögst Du Guter, Vielgetreuer
Noch lange uns ein Vorbild sein!
Karl Frohme