Geburtstagsgedichte









Großmütterchens Geburtstag
Wir hätten dir so gerne
Gewunden einen Kranz
Aus tausend schönen Blumen,
Voll duft und Farb' und Glanz.
Doch alle Blümlein schlafen
Ganz heimlich zugedeckt;
Vergißmeinnicht und Veilchen
Sind still im Schnee versteckt.
Drum möchten wir heut selber
Dein Festtagskränzchen sein,
Und alle froh umringen
Dich, lieb Großmütterlein!
Und können wir nicht krönen
Dein liebes Haupt zur Zier,
Wir winden um so fester
Uns um das Herze dir.
Bald wird ein Tag erscheinen,
Viel schöner noch als heut,
Der alle sel'gen Frommen
Vereint in Ewigkeit.
Da wird dein Auge spähen
Nach deinem Kinderkranz:
O möchtest dort du finden
Auch unser Kränzchen ganz!
Dora Rappart
An meine Mutter
Und ob der Mai auch stürmen will
Mit Regenguss und Hagelschlag,
Wie ein verspäteter April:
Er hat doch einen schönen Tag.
Hat einen Tag, der schlimme Mai,
Viel lieber als das ganze Jahr,
Und wo es schien mir einerlei,
Ob trüb der Himmel oder klar.
Und ist er trübe auch, ich fand
Mein Sträußlein doch in Wald und Ried
Und kann doch küssen deine Hand
Und sagen dir ein schlichtes Lied.
Annette von Droste-Hülshoff
Meiner Mutter
So gern hätt' ich ein schönes Lied gemacht
Von deiner Liebe, deiner treuen Weise,
Die Gabe, die für andre immer wacht,
Hätt' ich so gern geweckt zu deinem Preise.
Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
Und wie ich auch die Reime mochte stellen,
Des Herzens Fluten wallten drüber her,
Zerstörten nur des Liedes zarte Wellen.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
Von einfach ungeschmücktem Wort getragen,
Und meine ganze Seele nimm darin;
Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen.
Annette von Droste-Hülshoff
An Auguste
Drei holde Schwestern aus des Himmels Kreise,
sie schwören dir den heil'gen Göttereid.
Sie führen dich auf deiner Lebensreise
durch alle Stürme der Bedrängten Zeit;
daß sich dein schönes Auge nicht betrübe:
Dich schirmt die Kunst, die Anmut und die Liebe!
Die Kunst.
Ich schlinge mich mit zarten Liebesarmen,
in stiller Lust um dein begeistert Herz,
an meine Mutterbrust darfst du erwarmen,
mit heil'ger Kraft reiß ich dich himmelwärts.
Und freundlich, wie des Klanges Harmonien,
soll dich der Erde schönstes Glück umblühen.
Die Anmut.
Ich wohne nur bei einer reinen Seele,
nur in der Brust, wo stille Zartheit quillt;
und wo ich mich mit hohem Geist vermähle,
da ist des Lebens Rätselspruch erfüllt.
Die Schönheit strahlt nur aus dem innern Leben,
drum will ich ewig schirmend dich umschweben.
Die Liebe.
Die Hand der Götter wirft die Erdenlose
und ohne Wahl verteilt sie Schmerz und Lust.
Das höchste Glück blüht nur in meinem Schoße,
das höchste Glück blüht nur in meiner Brust.
Da soll es in der Jugend süßem Prangen,
da soll es rein und göttlich dich empfangen
So nah'n sie freundlich dir, die heil'gen Gäste;
und froh im Sonnenlichte ihrer Gunst
begrüßen sie dich einst beim spät'sten Wiegenfeste
im heil'gen Bunde, Anmut, Liebe und Kunst.
Und was aus ihrem Munde dir erklungen,
ein treues Herz hat dir das Lied gesungen.
Theodor Körner
Der lieben Frau
Denn wozu soll die Reimerei
Auf Seid' und Atlasbande?
Dass man einmal geboren sei,
Versteht sich schon am Rande.
Das ist ja kund und offenbar,
Liegt jedermann vor Augen,
Davon zu singen kann fürwahr
Auf Gottes Welt nichts taugen!
Was sie verdient, das wird ihr wohl
Gott dennoch schenken können,
Und jeden Gottessegen soll
Ihr unser Herz auch gönnen.
Drum, Frau Gemahlin, sing' ich ihr
Heut' kein Geburtstagscarmen,
Das traute Weibchen wollen wir
Hübsch kurz und gut umarmen.
Gottfried August Bürger
An ihrem Wiegenfeste
Komm, schöner Tag! Mit hohen, heil'gen Worten
begrüß ich jetzt dein süßes Rosenlicht.
Erhebe aus des Morgens goldnen Pforten
mit stiller Lust dein glühend Angesicht!
Dir rauscht mein Lied in heiligen Akkorden,
und nennt's, was tief in meiner Seele spricht:
Umstrahle dich ein volles üpp'ges Leben!
Du hast die Süße, Holde mir gegeben,
die mit der Liebe sanften Harmonien,
mit zarter Luft mein kühnes Herz gefüllt,
der alle meine schönsten Wünsche blühen,
die in der Seele jeden Sturm gestillt! -
Ach, alle Strahlen, die die Brust durchziehen,
vereinen sich zu einem süßen Bild;
mit leisem Hauch, wie Aeolsharfentöne,
formt es sich glühend zur lebend'gen Schöne.
Und jetzt zu ihres Werdens Feierstunde,
jetzt glüht in mir des höchsten Lebens Strahl!
Wohl flüstert mir's mit leisem Geistermunde:
Sieh, das ist deiner Träume Ideal! -
Da wogt die Brust, berauscht im heil'gen Bunde,
die Liebe läßt dem Herzen keine Wahl,
in seine tiefsten Tiefen muß sie dringen,
und reißt es fort auf stolzen Adlerschwingen.
In meiner Seele Nacht beginnt's zu tagen,
den Gott fühl ich, der in der Brust sich regt.
Es tobt in mir, ich muß das Ziel erjagen,
das glühend mich in ihre Arme trägt.
Das Höchste kann ich kühn und mutig wagen;
ich fühl's, daß mir ihr Herz entgegen schlägt!
Nur wo zwei Herzen liebend sich verbündet,
da wird der Himmel auf der Welt begründet.
Theodor Körner
Dem Geburtstag
(der Großherzogin Louise)
Von Osten will das holde Licht
nun glänzend uns vereinen,
und schönre Stunden fänd' es nicht,
als diesem Tag zu scheinen.
Vorüber führt ein herrliches Geschick,
erhabne Helden, hochverehrte Frauen;
nun fesselt uns das heut'gen Tages Glück,
als bleibende dich unter uns zu schauen.
Soll auch das Wort sich hören lassen?
Der Tag ist schön, der Raum ist klein;
so mag die Inschrift kurz sich fassen:
Ein Herz wie alle, sie sind dein.
Johann Wolfgang von Goethe
Einem bekümmerten Herzen im Winter
Ein trübes Wiegenfest! Auf Tal und Höh'
Liegt unerbittlich noch der kalte Schnee;
Kein warmer Lufthauch weht, kein Blümchen blüht,
tönt nah' und ferne noch kein Vogellied.
Und immer kälter wird's und immer trüber,
und jede Frühlingshoffnung scheint vorüber.
Und doch - es zieht die goldne Sonne leise
Auch hinter Wolken ihre lichten Gleise,
und war's nicht immer klarer Sonnenschein,
doch leise, leise zieht der Frühling ein.
Wir blicken staunend auf zum blauen Raum,
der lange Winter dünkt uns nur ein Traum.
So gibt's im Menschenherzen Tag und Stunden,
wo jede Freudenhoffnung scheint geschwunden.
Wir blicken trüb' nach dem vergangnen Tag,
wir bangen leis nach dem, was kommen mag.
Und doch hat stets, auch wo wir's nicht gedacht,
die ewige Liebe uns gewacht.
Hat durch der Sorge, durch der Zweifel Wogen,
die Seele still zu sich herangezogen.
Zur rechten Stunde ist sie doch genaht,
zu gutem Ziele kam der schwere Pfad.
Und wir vergessen die vergangnen Klagen,
um für die Hilfe frohen Dank zu sagen.
So schaue du auch, über Frost und Schnee,
vertrauensvoll und freudig auf zur Höh',
und glaube, wenn es noch so trübe geht,
dass deine Sonne doch am Himmel steht;
und dir auch werde froh das Sprichwort wahr:
"Erst gegen Abend wird der Himmel klar!"
Ottilie Wildermuth








