Geburtstagsgrüße


An Carls Geburtstage
Ferne
Bist Du heute mir!
Flög' ich viele tausend Meilen,
Könnte doch Dich nicht ereilen.
Droben Du - ich hier.
Nahe
Bist Du dennoch mir!
Bist Du auch zum Licht geboren,
Hast Dein Herz doch nicht verloren,
Das denkt meiner hier.
Ferne
Bin ich heute Dir.
Deine Bahn geht über Sterne,
Mich siehst Du in tiefer Ferne
Noch im Staube hier.
Nahe
Bin ich dennoch Dir;
Kann ich doch in schwachen Träumen
Dort Dich finden, bey Dir säumen,
Liebend wie einst hier.
Lieber,
Mir so fern und nah!
Stilles Herz hat kurze Zeiten,
Warmes - hat einst Ewigkeiten,
Und bald bin ich da.
Heinrich Moewes
Die Kinder
am Morgen des Geburtstags der Mutter
Wir denken dein!
Der schönste Tag kehrt wieder,
Und lacht uns zu!
Wir denken dein!
Der Inhalt unsrer Lieder
Bist du! bist du!
Laß Schlaf und Traum!
Wir sahn mit stillem Sehnen
Schon himmelwärts!
Laß Schlaf und Traum,
Und schließ mit Freuden=Thränen
Uns an dein Herz!
Du liebst uns treu!
O Gottes Huld erwähle
Das Schönste dir!
Du liebst uns treu!
O, treue Mutter=Seele,
Wir danken dir!
August Mahlmann
Primeln
am Genfer See gepflückt, für den Geburtstag der Mutter
(11. April 1823)
Sie werden Dir Wohl heute Rosen schenken,
Der Herzlichkeit und Freude holde Gaben;
Ich werde auch von Herzen Deiner denken,
Doch keine Rose wirst Du von mir haben.
Ach, lange muß mein kleines Blümchen wandern,
Das ich auf fremder Flur für Dich gepflücket,
Nicht frisch gelangts zu Dir, wie die der Andern,
Und ist doch frische Liebe, die Dirs schicket.
Ja, Liebe wird durch böse Ferne ärmer,
Sie muß das Wort, die süßen Blicke missen,
Allein, die arme Liebe liebt nur wärmer,
Der Himmel und die Mutter wird es wissen.
Hedwig Olfers
Zu der Großmama Geburtstag am 1. Mai
Dieweil im goldnen, schönen Mai
Der Großmama Festtag kommt herbei,
so wünschen wir Freude und Segen
ihr jetzt, auch auf steileren Wegen.
Wie der Herr einst geschützt ihre Blüten,
so mög' er ihr Alter behüten,
dass noch oft wir im duftenden Maien
uns des Festes der Großmama freuen.
Ottilie Wildermuth
Geburtstagsgruß
So viel Mal, wie Sonnenstrahlen fallen
Goldig heute, in die Welt hinein;
So viel Mal, wie heute froh erschallen
Jubellieder in dem Wald und Hain;
So viel Mal, wie holde Blumen schauen -
Duftig in der süßen Lenzespracht -
Zu den schönen, blauen Himmelsauen,
So viel Mal sei heute Dein gedacht! -
Anna von Knobelsdorff
Mit Rosen und Veilchen, im Winter 1893
Zwei Strophen nur als flüchtige Begleiter
Der Blumen, die dein Wiegenfest dir bringt:
Die Rosen blühn, die Veilchen duften weiter,
Wenn auch der Winter sie ins Treibhaus zwingt.
So mir im Herzen, das dein bestes heget,
Blühn täglich neue Segenswünsche fort;
So Glück wie Leid - was deine Brust beweget -
Hat allezeit dort einen sichern Port!
Ernst Fest
Bei Übersendung eines Gedichtbuches
Nimm dieses Buch, das ich Dir sende,
Als Zeichen meiner Freundschaft hin.
Wenn Blatt um Blatt durch Deine Hände,
Fühlst Du, daß ich Dir nahe bin.
Ich hab' in meinen stillen Stunden,
Als freundlich mir die Muse lacht',
Für Dich den Liederkranz gewunden
Von Blumen, die ich selbst gemacht.
Damit für's Leben Dich zu schmücken
Wählt' ich die Farben bunt und licht,
Doch um Dein Herz auch zu beglücken
Dies, Blümchen - das gelang mir nicht.
Doch lerne aus dem Blumenleben:
So manches Blümchen zeigt Dir an,
Wie man von Schatten rings umgeben
Sich selbst noch still beglücken kann.
Bertha Brand
Glückwunsch-Telegramm
dem Fürsten Bismarck gesandt am 1. April 1891
Bleib noch lange uns erhalten
Als der Alte uns den Alten,
Doch vom Alter unbezwungen,
Immer jung noch unter Jungen,
Unvergeßlich, unvergessen!
Reich noch sei dir zugemessen
Bestes Gut, von Gott gegeben:
Lust zum Tun und Freud' am Leben.
Johannes Trojan
Einem lieben Mädchen
(An Lottchen Krehl)
Ich hätte wohl, Dein Haar zu zieren,
Ein Kränzchen, auch ein klein Gedicht;
Wie aber? ich will gratulieren
Und weiß den Tag des Festes nicht!
Wenn ich es gleichwohl nun probierte,
Ich meint' es drum nicht minder treu:
Ist's nicht der erste, dritte, vierte,
So feir' ich Dir den ganzen Mai.
Doch ach, was ist vom Mai zu singen?
Hier ist's noch winterlich bestellt;
Komm Lottchen, uns den Mai zu bringen,
Dann blühen Garten, Haus und Feld!
Eduard Mörike

