Gedichte zur Konfirmation
Wem mich zu weihen will das Fest mich mahnen?
"Dem Himmel dächt' ich." Doch wo fass' ich ihn?
Er war ein schönes Traumbild unsrer Ahnen;
Heut gilt's zu wachen, darum lass' ich ihn.
"So sei's der Erde." Weh' der engen Schranke!
Weit über sie hinaus in kühnem Flug
Trägt mich das Auge, trägt mich der Gedanke;
Nein, an der Erde hab' ich nicht genug.
"Die Menschheit denn, die Blüthe dieser Erde."
Gewiß, den Menschen dien' ich stets mit Lust;
Doch wie mein Thun der Menschheit dienlich werde,
Der großen Menschheit, ist mir nicht bewußt.
"So weihe dich, o Jüngling, deinem Volke."
Das ist ein Mahnwort, das ich fassen mag;
Schon lüftet sich des Zweifels Nebelwolke,
Und meine Bahn erleuchtet heller Tag.
Wenn meine Hand am Vaterlande bauet,
Dien' ich der Menschheit im beschränkten Thun;
Und wenn vom Himmel hoch ein Auge schauet,
Sieht es mir freundlich zu - das weiß ich nun.
David Strauss
(Einige Tage vor meiner Konfirmation den 3. Mai 1835)
Wie schön ist's, unsern Glauben
Bekennen vor der Welt,
Ihn, den uns nichts kann rauben,
Der unser Hoffen hält.
Oft sag' ich mir im Stillen,
Daß treu bis in den Tod
Ich beuge meinen Willen
Dem göttlichen Gebot.
Einst bracht' der Eltern Flehen
Das Kindlein Christo dar,
Jetzt muß ich selber stehen
Gelobend am Altar.
O, ernste heil'ge Stunde,
Wie klopft bei dir mein Herz,
Und hebt zum ew'gen Bunde
Sich brünstig himmelwärts!
Wohl mir, denn Jesu Leiden
Sind mir, auch mir zu gut,
Mein sind auch seine Freuden,
Mein ist sein theures Blut!
Juli Gräfin zu Ortenburg
Ein ganzes Jahr noch soll ich tragen
Der Vorurtheile läst'ges Joch?
Soll mir den Zauberkelch versagen
Zwölf ganzer, langer Monden noch?
Ein Jahr noch, bis des Pastors Segen
Mich von der Kindheit Zwang befreit!
Und dehnt ein Jahr, nach Herzensschlägen
Gezählt, sich nicht zur Ewigkeit?
Soll mich ein dumpfer Aberglaube
Noch fesseln? Sollt' ich fühllos sein,
Bis mir des Priesters Wort erlaube,
Dem holden Trieb mein Ohr zu leihn?
Längst sprach mein Herz dem finstern Wahne
Kopfhängerischer Vorzeit Hohn,
Längst schwur ich zu der Liebe Fahne,
Denn fünfzehn Jahre zähl' ich schon.
Weshalb begünstigt man Elviren,
Die kaum 'nen Monat älter ist?
Man eilet sie zu confirmiren,
Vermählt sie schon nach Wochenfrist.
Um einen halben Kopf fast kleiner,
Noch lang' nicht so formirt als ich,
Kriegt sie 'nen Mann. Nun sag' mir Einer,
Weshalb vergißt man grade mich?
Was hört' ich nicht zu meinem Lobe
Von Männern auf der Straße schon.
Ein netter Backfisch! brummt der Grobe,
Ein Engel! seufzet der Adon.
Sie preisen meine schlanke Taille,
Den kleinen Fuß, der Locken Braun,
Verwünschen laut den Hut von Paille,
Der mein Gesicht verwehrt zu schaun.
Emil, der nach Sekunda rückte,
Hat seine Liebe mir bekannt.
Es war im Cotillon - er drückte
Den Brief mir heimlich in die Hand.
"Ich asphyxire mich auf Ehre,
Schrieb er, wenn Sie mein Herz verschmähn" -
Ich will doch 'mal im Dictionaire,
Was asphyxiren heiße, sehn.
Wo mag der Lieutenant nur bleiben,
Der täglich sonst vorüber geht,
Und Säbel-klappernd nach den Scheiben
Des Fensters seinen Kopf verdreht?
Recht spröd' und frostig thu' ich morgen,
Wenn er mich heute warten läßt.
Gerechter Gott! ich muß besorgen,
Mein schöner Lieut'nant hat Arrest.
Ich bin kein Kind - was Alle sagen,
Mein Herz sagt es viel lauter noch -
Und soll ein ganzes Jahr noch tragen
Der Vorurtheile läst'ges Joch?
Im neunzehnten Jahrhundert stehen
Wir, und - es klingt wie bittrer Hohn -
Noch darf ich nicht auf Bälle gehen,
Zähl' ich auch funfzehn Jahre schon.
Franz Freiherrn von Gaudy
Am Tage seiner Konfirmation
Du nahst Dich heut' dem heiligen Altare,
Dich für den großen Christenbund zu weih'n;
Entflogen sind der Kindheit gold'ne Jahre,
In's ernste Leben trittst Du heute ein;
Was einst den Knaben in dem Lockenhaare
Als Traum umspielt im bunten Zauberschein,
Wird anders wohl und ernster sich gestalten;
Aus Knospen muß die Blüthe sich entfalten.
Zwar um der Kindheit gold'ne Frühlingstage
Webt sich der Dichtung heit'rer Silberflor;
Mit ihren Thränen schlägt die düstre Klage
Noch nicht an jene stumme Welt empor;
Die ganze Schöpfung spricht nur eine Sprache,
In Harmonieen jauchzt der Wesen Chor;
O, schöner Traum, wenn wir aus dir erwachen,
Faßt schon der Sturm auf off'nem Meer den Nachen.
Hoch reifet nicht in dunkler Schattenkühle
Die Frucht, - sie will auch warmen Sonnenschein;
So müssen sich die schlummernden Gefühle
Nach langer Ruh' im Menschen auch entzwei'n,
Und kämpfend muß er in dem Weltgewühle
Die eig'ne Kraft - das Göttliche befrei'n
Von niedern Banden, die der Welt gehören;
Den bessern Geist muß er herauf beschwören.
Mit frommen Blick, mit thränenfeuchten Wangen
Seh' ich Dich dort an heil'ger Stätte steh'n;
Die Töne, die durch Deine Kindheit klangen,
Hörst Du wie Geistergruß vorüberweh'n;
Von Liebesarmen fühlst Du Dich umfangen,
Sie neigen sich dort aus den Sternenhöh'n;
Du blickst empor, und dort im Lichtgefild
Begegnet Dir ein heißgeliebtes Bild.
Du kennst das Bild, und heilig sei die Stunde,
Wo es so laut zu Deinem Herzen spricht;
Du hingst ja einst als Kind an seinem Munde,
Du blicktest kindlich ihm in's Angesicht;
Es öffnet jetzt Dir wohl die tiefste Wunde,
Denn es ist fern, - doch es vergaß Dich nicht;
Es ruft Dir heute zu das heil'ge Wort:
Sohn, wandle stets auf rechtem Wege fort!
Und soll ich Dir die Geisterstimme deuten,
Die jetzt Dein kindliches Gemüth durchbebt?
O, laß sie durch das Leben Dich begleiten,
Sie, die vom Himmel zu Dir niederschwebt;
Sie giebt die Weihe Deinen Jugendfreuden,
Wie durch den Thau die Rose sich erhebt,
Sie wird Dich trösten in den dunklen Tagen
Und zu dem Lichte neuer Freuden tragen.
Noch kennst Du nicht den bunten Markt des Lebens,
Die Klippen nicht, die tausendfach uns drohn,
An ihnen bricht die Kraft des höchsten Strebens,
Und welkt die Blüthe, - ist die Frucht entflohn;
Wir ringen stets und ringen doch vergebens,
Und nirgends blüht des Kampfes süßer Lohn,
Wenn uns nicht aus dem niedern Erdenstaube
Zum Himmel zieht die Tugend und der Glaube.
Und Glaube, Tugend deuten Dir die Worte,
Die dort von Oben an Dein Herz ergehn;
Es sind die großen, weihenden Akkorde,
Die durch ein göttlich-schönes Leben wehn.
O, laß sie an des Lebens Tempelpforte
Mit Flammenschrift wie hehre Sonnen stehn!
Dann werden beide Dir im Erdenleben
Den schönsten Lohn - den innern Frieden - geben.
Carl Oscar Emmerling
bei seiner Konfirmation
Ich will heut' vor dich treten,
Du Gott voll Huld und Treu'!
Mit Inbrunst zu dir beten
In heil'ger Andacht Weih'.
Ein Leben voll Gefahren
Liegt vor mir aufgedeckt;
Du hast in jungen Jahren
Zum Kampf mich schon erweckt.
Mich soll der Sturm nicht schrecken,
Wenn deine Hand mich trägt;
Dein Schild soll mich bedecken,
Wenn wild die Welle schlägt.
Und wenn der Mast gebrochen,
Das Segeltuch zerriß,
Sei doch das Wort gesprochen:
Dein bin ich mir gewiß!
Und fänd' im Meeresgrunde
Ich auch ein frühes Grab,
Ich bleib' mit dir im Bunde,
Du blickst auf mich herab.
Elfriede Mühlenfels