Gedichte zur Taufe
Eben in dem hellen Saale
Steht der Pfarrer dort am Tischchen,
Spendet aus geweihter Schale
Wasser unsern lieben Fischchen.
Und indeß die Brüder denken
Ob der ungewohnten Sache,
Will's die kleine Schwester kränken,
Was man mit den Püppchen mache.
Ruhig, Kinder und bescheiden!
Doch, geht's euch so nah', so wißt denn:
Aus den beiden kleinen Heiden
Macht man jetzt zwei kleine Christen.
Auch ein Name wird gegeben
Sorgsam jeglichem der Wichte;
Nicht als bloße Zahlen leben
Sollen sie in der Geschichte.
Weiter an den guten Schafen
Wird man wenig unterscheiden:
Werden trinken, schreien, schlafen,
So als Christen, wie als Heiden.
David Strauss
Geflüchtet aus der Menschen Strom
War ich getreten in den Dom,
Mich zu erholen vom Gewühle
In seiner stillen Hallen Kühle,
Zu laben mich am Farbenlicht,
Das aus den bunten Fenstern bricht,
Und, unter seinem Friedenszelt,
Mein vom Gewirr der Außenwelt
Verstimmtes Herz zu reinern Tönen
Mit Gott und Menschheit zu versöhnen.
Doch lange blieb ich nicht allein,
Da schritt ein großer Zug herein
Von Herren, Damen und Gesind,
Mit einem neugebornen Kind,
Das man zur heilgen Taufe brachte.
Aus reichbefranzten Kissen lachte,
Gewiegt an draller Amme Brust,
Der Säugling, frisch, voll Lebenslust
Und blühender Gesundheitsfülle,
In seines Bettchens Spitzenhülle;
Aus dem schneeweißen Häubchen glänzt,
Von Seidenbändern bunt umkränzt,
Ein wahres Engelsangesicht,
Wie Lilien und Rosenlicht.
Die Amme schiens mit Stolz zu tragen,
Und blickt' umher, als wollt'sie sagen:
"Gelt, solch ein Früchtchen, voll und rund,
So frisch, so herzig und gesund,
Das sieht man wohl nicht alle Tage?
So wächst auch keins in niedrer Lage!
Dafür ists auch ein adlig Kind,
Vornehm und reich die Eltern sind;
Das erbt einmal viel Geld und Gut,
Drum lächelts auch so wohlgemuth!"
Da ward ich, nah dem Taufaltar,
Ein abgezehrtes Weib gewahr,
Gelehnt an eine Kirchenbank;
Es sah so elend aus, so krank,
Gehüllt in schlechte Lumpen nur,
In jedem Zug des Kummers Spur,
Und hielt ein Kindlein in dem Arm,
Das war halbnackt, daß Gott erbarm'!
Sein Leibchen welk und eingeschrumpft,
Die Aeuglein hohl und wie verdumpft,
Gleich einer kleinen Mumie!
Ach! trank es denn nicht lauter Weh
Aus dieser Brust, dran es sich schmiegt?
Ist nicht ihr süßer Quell versiegt?
Woher auch Milch, wo kaum schwarz Brod
Noch mühsam wehrt dem Hungertod?
Und diese Schmerzensmutter sah
Des Reichthums Bild hier nun so nah!
Sah jenes Kind, so rosenroth,
Und hier das ihre, so voll Noth!
Sah jenes unter Spitzen reich
Geschmiegt in feine Kissen weich,
Dagegen ihren kleinen Wurm
Kaum halbgeschützt vor Frost und Sturm!
Dort, künftig Rang und Lebensglanz,
Hier, bald ach nur - ein Todtenkranz!
Und Thrän'auf Thräne rann herab
In ihres welken Busens Grab,
Als man das Kind zur Taufe hob,
Das so viel Hoffnungsglanz umwob,
Dem so viel goldner Sterne Schein
Schon in die Wiege lacht' herein,
Dem reiche Pathen und Verwandten
So köstliche Geschenke sandten,
Daß eins davon auf Jahre hin
Gereicht, ihr Kindlein zu erziehn!
Sie drückt wie krampfhaft es an sich,
Mit einem Blick, drin konnte ich
Den Schmerz von tausend Müttern lesen:
"Du, der du Schöpfer aller Wesen,
Warum, o Vater! theiltest du
Dem Glücke so viel Launen zu?
Sind wir nicht Alle deine Kinder?
Liebst du Die mehr, und Jene minder?
Macht uns in deinem weiten Reich
Die Taufe denn nicht Alle gleich?
Schufft du denn aus verschiednem Thon
Des Fürsten und des Bettlers Sohn?
Deckst du die Tafel der Natur
Für auserlesne Gäste nur?
Du hältst die Welt im Gleichgewicht,
Warum das Glück der Menschen nicht?" -
Geh' Weib, und stirb mit deinem Kind!
Im Leben sind wir Alle blind;
Der Heiland Tod nur wird allein
Des großen Räthsels Löser seyn!
Hier ist nur Dunkel, drüben Licht
Und gleich Gewicht und gleich Gericht - -
Sterbt, Proletarier, fraget nicht!
August Schnezler
Gebt nun das Kindlein in Gottes Hand,
Zeigt ihm von ferne schon heilig Land,
Daß seine leise erwachende Seele
Niemals den Gottesweg verfehle.
Daß seine Augen, die tiefen, blauen,
Gottes Offenbarungen schauen,
Daß seine Hände sich heilig falten,
Daß sie nur Gottgewolltes gestalten,
Daß seine Füße nicht straucheln mögen
Auf den vielrauhen Erdenwegen.
Gebt drum das Kindlein in Gottes Hand,
Zeigt ihm drum heute schon heilig Land.
Anna Schöler
Herr! wir sind nun froh bereit
Dieses liebe junge Leben
Dir für Zeit und Ewigkeit
Ganz zum Eigentum zu geben.
Sieh! die hier versammelt sind,
Bitten dich um deine Güte:
Mach ein fröhlich Gotteskind
Aus der zarten Menschenblüte.
Gib ihm lichten Morgentau,
Gib ihm Sonnenschein und Regen,
Daß sich unter Deinem Hauch
Alle seine Kräfte regen.
Leite du des Kindleins Gang,
Neige dich zu seiner Seele,
Daß sie in des Lebens Drang
Deinen Lichtpfad nicht verfehle.
Kann doch in lauter Sonnenschein
Das kleinste Hälmlein kaum gedeihn;
Auch Tau und Regen muß zum Leben
Und Wachsen ihm der Schöpfer geben.
So wirst auch du, o Menschenkind,
Nicht nur in eitel Sonnenschein,
Nein, auch in Regen, Sturm und Wind
Am besten wachsen und gedeihn.
Anna Schöler
Lieber Heiland, Freund der Sünder,
Der du uns so innig liebst,
Und die allerkleinsten Kinder
Rufst und ihnen Segen gibst!
Dein Wort haben wir vernommen:
"Laßt die Kindlein nah'n zu mir!"
Sieh, wir Alle sind gekommen,-
Laß uns bleiben stets bei dir.
Du hast uns im Wasserbade
Eingesetz in deinen Bund;
O für diese große Gnade
Danken wir von Herzensgrund.
Nimm auch heut' in deine Arme
Unser teures Brüderlein;
Laß es dort vor allem Harme
Sanft und wohl geborgen sein.
Wir sind dein, wir sel'gen Kinder,
Sind in deinen Tod getauft;
Mache aus uns Überwinder
Durch das Blut, das uns erkauft.
Daß wir alle, Alle droben
Einst dich schauen, wie du bist
Und in neuen Liedern loben
Dich, o Heiland, Jesus Christ!
Dora Rappart
O Vater, dessen Liebe
Umfaßt die ganze Welt,
Dir wird aus gläub'gem Triebe
Dies Kind heut dargestellt;
Dir sei's von dieser Stunde
Zum Eigentum geweiht;
Erhalt's in deinem Bunde
Für Zeit und Ewigkeit.
O Jesu, treuer Heiland,
Blick' gnädig du es an,
Und segne es, wie weiland
Den Kleinen du getan.
Du hast dein Blut und Leben
Auch für dies Kindlein schon
Aus Liebe dargegeben;
So nimm's zum Schmerzenslohn.
O heil'ger Geist! du bringest
Zurück, was wir verlor'n;
Wo du ein Herz durchdringest,
Da wird es neu gebor'n;
O frühe wollst du ziehen,
In dieses Kindleins Herz,
Laß es der Welt entfliehen
Und wandeln himmelwärts!
In deinen heil'gen Namen
Wird es getauchet ein;
Dreiein'ger Gott, sprich: Amen!
Sprich: Hinfort bist du mein!
Ja, wahrlich, es ist deine;
Drauf kann der Glaube ruh'n:
Was du vermagst alleine,
Wir trau'n, du wirst es tun.
Ob groß auch ist der Schade,
Den uns der Fall gebracht,
Noch größer ist die Gnade
Und deine Liebesmacht.
Drum wollen wir dich loben
Mit unsrer Kinderschar,
Bis wir im Himmel droben
Dich preisen immmerdar.
Dora Rappart