Namenstagsgedichte
(Karoline)
Die Karoline sind aus Gold geprägt,
Gold ist nicht jedem auf den Weg gelegt,
doch Treu und Redlichkeit sind lautres Gold,
das macht bei Gott und Menschen lieb und hold.
Erhalte du dein Herz, wie Gold so rein,
so wird dein Lebenspfad auch lieblich sein,
hast du nicht Gold den Armen hinzugeben,
so gib ein liebend Herz, ein hilfreich Leben,
in Lieb' und Demut deinem Nächsten diene,
so klingt wie Gold der Name Karoline.
Ottilie Wildermuth
Die erste alte Tante sprach:
Wir müssen nun auch daran denken,
Was wir zu Ihrem Namenstag
Dem guten Sophiechen schenken.
Drauf sprach die zweite Tante kühn:
Ich schlage vor, wir entscheiden
Uns für ein Kleid in Erbsengrün,
Das mag Sophiechen nicht leiden.
Der dritten Tante war das recht:
Ja, sprach sie, mit gelben Ranken!
Ich weiß, sie ärgert sich nicht schlecht
Und muss sich auch noch bedanken.
Wilhelm Busch
(Nach dem Französischen: Le Boulanger fait un gateau.)
Der Bäcker bringt Dir Kuchenbrot,
Der Schneider einen Mantel roth,
Der Kaufmann schickt Dir, weiß und nett,
Ein Puppenkleid, ein Puppenbett
Und schickt auch eine Schachtel rund
Mit Schäfer und mit Schäferhund,
Mit Hürd' und Bäumchen, paarweis je,
Und mit sechs Schafen, weiß wie Schnee,
Und eine Lerche, tirili,
Seit Sonnenaufgang hör' ich sie,
Die singt und schmettert, was sie mag,
Zu meines Lieblings Namenstag.
Theodor Fontane
Sag, hat nicht jeder Tag, an dem du lebst
In meinem Leben, deinen Namen?
Dankt meine Saat nicht deinem guten Samen,
Ob heute, ob du morgen zu mir strebst?
Noch spür' ich, wie du hebst
Ins Namenlose, Taglose den Lahmen.
Es glaubt ja Gott an dich. So sag' ich Amen!
Karl Kraus
Vor ihrem Namenstage werd' ich stets
Geheimnisvoll und seltsam; meine Stirn,
Sonst glatt geküßt, wird oft ein Furchenfeld;
Ich fahre mir, ich Heuchler, durch das Haar,
Als wär' ich Narr des Glücks vor Sorgen krank.
Sie sieht mich von der Seite ängstlich an,
Wenn ich aufseufzend wirre Worte murmle.
Und plötzlich hängt sie mir am Hals: "Nun sprich!
Ich geh' nicht eher weg, was fehlt dir, Liebster?"
Ich will mich aus den weißen Armen lösen,
Sie aber überschüttet mich mit heißen Küssen.
So beicht' ich zögernd: "Sorgen hab ich, Sorgen;
Für deinen Namenstag hab ich in China
Ein Theegeschirr bestellt. Sechs Reiter ritten
Vor sieben Monaten nach China aus.
Der Kaukasus ist schlimm, Sibirien schlimmer!
Wer weiß, ob sie ein Kurdenstamm nicht fängt,
Um, Liebste, ihren, deinen Schatz zu plündern!"
Sie lacht "du schlechter Mensch!" Ich aber seufze:
"Dann hab ich in Amerika für dich
Ein Seidenhemd aus Spinngeweb' bestellt.
Viertausend Indianerinnen weben
Seit einem halben Jahre das Gespinnst.
Wenn nun ein Sturm das Schiff auf Felsen schmettert!
Wenn die Matrosen meutern! O, ich Aermster!
Achttausend Golddukaten zahlt' ich schon!"
Sie lacht: "In Küssen will ich sie ersetzen."
Ich wehre mich. - "In Rom gefiel dir sehr
Vom Kapitol die Venus; sie ist dein;
Ich kaufte sie dem römischen Staate ab.
Ob sie zur Zeit hier eintrifft! Oesterreich rüstet
Die Venus mir zu rauben! O, vielleicht
Fiel sie vom Saumpfad krachend in den Abgrund!" -
"Hör' doch schon auf, du Schlimmer!" jubelt sie.
"Dann hab ich in Upsala dir die Bibel -"
Sie aber schließt mit Küssen mir den Mund:
"Du schlechter Mensch! Du Lügner, Dichter du!
Mein Dichter! Küßt ihn todt, er ist ein Dichter!" . . .
Am Morgen ihres Namenstags geleit' ich
Die Feierliche singend in das Zimmer;
Mein Sang ist ernst, ein krauses Trauerlied.
Ein kleiner Blumenhain blüht auf dem Tisch.
Dann halte ich pathetisch meine Rede:
"O was ich fürchtete, traf furchtbar ein!
Ich bin der unglücklichste Glückliche.
Sechs Reiter ritten aus - zum Heldentod;
Das Schiff versank; die Venus fiel in Trümmer;
Die Bibel ist geraubt! O Thränen, Thränen!
Drum hab ich dir vom Reste meiner Habe
Nur dieses kärgliche Geschenk gekauft:
Dies Meißner Täßchen, dieses Spitzentüchlein,
- Wie grob, verglichen jenem Spinngeweb,
Mit dem die Meerfrau jetzt den Busen deckt! -
Dies Bronzefigürchen deiner Marmorvenus
Und hier dies Buch, unbiblisch, ketzerhaft,
Mit schlechten Versen, die ich dir gedichtet."
Sie lacht und weint; ich aber werde weich:
"Doch siehst du alles dies mit Liebe an,
Wer weiß, ob nicht die Schätze d'raus erstehn,
Die ich allein für deiner würdig hielt."
- "Du guter, guter Mann!" -
Und unter Thränen
Und heißen Küssen geht mein Pathos unter.
Hugo Salus