Kindergeburtstagsgedichte
(Die Wärterin an ihren Pflegebefohlenen, zu seinem zweijährigen Geburtsfeste)
Nimm, vielgeliebter Knabe!
Von Deiner Wärterin
Dies Lied als eine Gabe
Zum Wiegenfeste hin.
O könnt' ich mehr Dir geben !
Doch kann ich's leider nicht;
Nur Wünsche für Dein Leben
Ist's, was im Sange spricht.
Zwei Jährchen sind durchwallet
Von Dir im Pilgerhain:
Die Morgensonn' umstrahlet
Dich noch im Rosenschein.
Der Freude Blümchen keimen
Dir noch auf junger Flur,
Umschwebt von goldnen Träumen
Schaust Du das Leben nur.
Nicht schreckt Dich Erdenkummer;
Dein Loos ist noch so reich!
Der Unschuld Bild: Dein Schlummer,
Dein Bild: den Engeln gleich.
So sei Dein Schlummer immer,
Dein Herz stets gut und rein,
Der Tugend Blütenschimmer
Durch's ganze Leben Dein.
Dann wird es Alle freuen,
Die treu bei Dir geharrt,
Wenn sie Dich seh'n gedeihen
Als Blümchen edler Art.
Auch ich, die - darf ich's wagen,
Wenn Du erwachsen bist! -
Dich auf den Arm getragen,
Geherzet und geküsst,
Ich würde mich erfreuen
Und stimmen Jubel all
Seh' ich nach Jahrenreihen
Erwachsen Dich als Mann;
Als Mann, den Gott gewogen.
Beschenkt mit zeitlich Gut;
Die Stirn' mit Ernst umzogen,
Im Herzen - Engelgut.
Bei Deinem Wiegenfeste
Würd' ich erfreuet dann
Für Dich erfleh'n das Beste,
Was Menschen werden kann:
Dass, wenn für Erdenmängel
Dein Geist den Himmel tauscht,
Dann sanft der Todesengel
Um Deine Schläfe rauscht.
Poetischer Bibliothekar, 1845
(Zum einjährigen Geburtstage, gewidmet von einer Pflegemutter oder einer Wärterin)
Zum ersten Male grüßt im Pilgerleben
Dich, holdes Kind, der Tag, der Dich gebar,
Den guten Eltern Dich zur Freud' gegeben,
Er grüßt Dich heute ferne von Gefahr.
So wie Du jetzt im Ungetrübten Schlummer
Noch sorglos ruhest zu der Deinen Glück,
So wie Du jetzt noch frei von jedem Kummer
So bleibe immer unumwölkt Dein Blick,
So möge sich das Leben Dir gestalten:
Ein Frühlingstag, erhellt von Rosenschein;
Es möge sich Dein junges Herz entfalten,
Gleich einer Blüte prangend, frei und rein.
Und richtet sich, vielleicht nach spät'ren Jahren?
Dein milder Blick noch einst auf dieses Blatt,
Dann lasse es sein Inhalt Dich erfahren,
Wer Dir es heute treu gewidmet hat.
Die treu Dich liebte und Dich zärtlich pflegte,
Sie war es, denke freundlich dann zurück,
Die dieses Blatt in Deine Hände legte,
Für Dich erstehend hohes Erdenglück!
Poetischer Bibliothekar, 1845
Sieh', wir bringen, lieber Kleiner,
Auf der Freundschaft Hochaltar,
Treu und redlich, wie wir's meinen
Dir dies kleine Wünschchen dar:
Dass befreit von jedem Kummer
Und von allen Sorgen frei,
Froh Dein Wachen, sanft Dein Schlummer,
Schön Dein ganzes Dasein sei;
Dass so licht an jedem Morgen
Dir die liebe Sonne glänzt,
Jeden Abend, frei von Sorgen,
Freude Dir die Stirn umkränzt.
Poetischer Bibliothekar, 1845
(Die Amme zum einjährigen Geburtstage ihres Pflegebefohlenen)
Teures Kind! o sieh', ich bringe
Dir mein kleines Opfer dar;
Winde einen Kranz und singe
Laut dem Tag, der Dich gebar,
Drücke unter Freud' und Schmerz
Inniger Dich heut' an's Herz!
Werde groß und fromm und gut!
Werde Deiner Eltern Wonne!
Wenn ihr Segen auf Dir ruht,
Dann erquickt Dich Gottes Sonne,
Dann ergötzt der Frühling Dich!
Alle Blumen schmücken sich,
Dass Du froh durch's Leben zieh'st
Und nur Freuden um Dich sieh'st.
Diesen Glückwunsch widmet hier
Deine treue Amme Dir.
Poetischer Bibliothekar, 1845
Gottes Segen ruh' auf Deinem Leben,
Welches Dir der heut'ge Tag einst gab;
Und er lohn' auch künftig Dein Bestreben:
Brav zu sein bis an Dein spätes Grab.
Sieh', Du bist der Eltern größte Freude,
Ihre ganze Hoffnung ruht auf Dir;
Sorge, dass sie nie von Ihnen scheide,
Dei und bleibe Deines Hauses Zier!
Hoffe, dass ein Engel Dich umschwebe,
Den Du liebend Bruder einst genannt;
Darum, guter lieber Adolph, strebe,
Dass ihn nichts aus Deiner Nähe bannt.
Ihn und alle Engel wird es freuen,
Wenn Du artig stets und folgsam bist,
Blumen wird auf Deinen Weg man streuen,
Wenn Du Deiner Pflichten nie vergisst.
Stets dann werden meiner Wünsche beste
Und der Eltern Segen mit Dir sein,
Immer wird an Deinem Wiegenfeste
Guter Menschen Glückwunsch Dich erfreu'n!
Poetischer Bibliothekar, 1845