Lieder zum Geburtstag
"Eins ist not." Luc. 10, 42
Mel.: Ach, bleib mit Deiner Gnade
Ihr lieben, lieben Freunde,
Ihr meint's so herzlich gut,
Ihr zeigt mir immer wieder,
Wie viel die Liebe tut.
Ihr habt in eure Gaben,
Die ihr mir bringt aufs Neu',
Das Herz hineingeleget
Mit ungefärbter Treu.
Ich bin beschämt und finde
Zum Danke nicht das Wort;
Ach, immer neuer Segen
An jedem neuen Ort! -
Doch, ob ihr mir auch flechtet
So manchen Freudenkranz,
Und mit der Liebe Gaben
Mich überschüttet ganz, -
Eins nur, wonach mein Sehnen
Bei Tag und Nacht gericht't,
Mein heißestes Verlangen
Könnt ihr doch stillen nicht!
Ein neues Herz - das schenket
Mir keine Kreatur,
Das gibt mir armen Kinde
Mein Herr und Heiland nur.
Drum laßt mich gehn, ihr Lieben,
Ins stille Kämmerlein,
Zu danken und zu loben,
Zu flehen und zu schrein.
O helft mir, helft mir beten,
Und laßt so bald nicht nach!
Mein Rufen, Bitten, Suchen,
Es ist allein zu schwach.
Wird eure Liebes-Bitte
Aus Gnaden euch gewährt,
So habt ihr mir das Beste
Zum Wiegenfest beschert.
Und mit der Gabe hätte
Ich neuen Liebesmut, -
Und, glaubt mir nur, das käme
Euch Allen auch zu gut.
Dann würde meine Liebe
Treu, ungefälscht und rein,
Dann könnt' ich euch zum Segen,
Zu rechter Freude sein.
Julie von Hausmann
zum Geburtstage des Freiherrn Truchses auf Bettenburg, aus Stuttgart gesandt
Rosen, Rosen, rothe Rosen,
Und auch die von weißem Glanz,
Will ich unter Zephirs Kosen
Flechten heut in einen Kranz.
Und ein andrer Zephir trage,
Heut am Tage folgsam ganz,
Mir den Kranz, wohin ich sage,
Den geflochtnen Rosenkranz.
Hin zu einem Rosenfeste
Ist der Rosenkranz bestimmt,
Wo der Rosen-Greis, der beste,
In Empfang die Rosen nimmt,
Der der Jahre Rosenleiter
Heute weiter aufwärts klimmt,
In der Rosenzeit, die heiter
Ganz in Rosendüften schwimmt.
Die ihr unter Rosendüften
Engel, einst sein Leben schuft,
Unter duft'gen Rosenlüsten
Es soweit habt abgestuft;
Unter Rosendüften schweben
Laßt sein Leben einst zur Gruft,
Doch zuvor noch lang umgeben
Sein von frischem Rosenduft.
Heut den Rosentag zu feiern,
Soll man früh Aurora'n sehn
Angethan mit Rosenschleiern
Auf Gewölk von Rosen stehn,
Einen langen Rosenfaden
Durch den graden Himmel drehn,
Und auf lauter Rosenpfaden
Spät in Rosen untergehn.
Draußen in dem Rosengarten
Um die Burg am Rosenhag,
Wo die Rosen kaum erwarten
Konnten diesen Rosentag,
Soll von Rosen sich erschließen,
Was da sprießen irgend mag,
Heute muß ihr Herr genießen
Seiner Rosen Ernt'-Ertrag.
Rosenmädchen, rosenwangig,
Rosenlipp- und fingrig auch,
Heut zum Rosenfest verlang' ich,
Daß sie ziehn zum Rosenstrauch,
Rosen bringen ihm mit Grüßen,
Und nach süßem Rosenbrauch
Unterm Rosenkranz ihn küssen
Mit des Mundes Rosenhauch.
Rosenfarbene Gewänder
Soll heut tragen, wer ihm naht,
Und am Hute Rosenbänder,
Wer ihm aufzuwarten hat,
Daß er, wie den Blick er drehe,
Rosen sehe, Rosensaat,
Ganz umros't von Rosen stehe,
Rosenherr im Rosenstaat.
In die große Rosenkette,
Die den Rosenkreis umzieht,
Flecht' ich hier an fremder Stätte
Dieses kleine Rosenglied;
Daß, wann heut vor seinen Blicken
Rosen nicken, die er sieht,
Rosen auch sein Ohr erquicken,
Wenn er hört mein Rosenlied.
Sagt ihm, Rosen, die ich sende,
Sagt dem lieben Rosenmann,
Daß mir's rosig hier ohn' Ende
Ros't von Rosen um und an,
Daß mir ganze Rosenhallen
Sind zu wallen aufgethan,
Nur daß von den Rosen allen
Ich ihm wenig schicken kann.
Schickt' ich alle Rosenblüthe,
Die in meinem Rosenhain
Für ihn sproßt hier im Gemüthe,
So viel Rosen würden's sein,
Als im Park ums Wasserbecken
Rings an Hecken her sich reih'n,
Und von Stuttgart sich erstrecken,
Bis hinaus zum Kahlenstein.
Friedrich Rückert
Manch Lied hab' ich in kurzer Zeit
Nach meiner Art gesungen,
Bald war sein Klang dem Scherz geweiht,
Bald war's von Ernst durchdrungen.
Mitunter auch ein bunt Gemisch
Entquoll dem Saitenspiele,
Wenn wechselnd in der Brust und frisch
Sich regten die Gefühle.
Doch wird, wer sich gesättigt hat,
Des Essens endlich müde.
So ward auch ich des Singens satt,
Kein Liebesfunken sprühte.
Und schon beschloß, gedankenleer,
Die Harfe ich zu lassen
Und mit dem Singen niemals mehr
Mich künftig zu befassen.
Doch sieh! - Da schleicht auf seiner Bahn,
Gleich lichtem Sterne, heute
Ein schönes Wiegenfest heran,
Deß immer ich mich freute,
Und wundersam - kaum ist es hier,
Erglüht die Lust zum Singen
Von Neuem stark, so stark in mir,
Daß alle Saiten klingen.
Die Hoffnung naht. Und schnell hervor
aus tiefster Seele Tiefen
Quillt Klang um Klang zum Licht empor,
Als ob ihn Engel riefen.
Schon stimm' ich an den Festgesang,
Damit den Tag ich preise.
Doch horch! Zu Aeolsharfenklang
Ertönt's jetzt hold und leise:
"Die Hoffnung ist das Immergrün
"In unsres Lebens Traume.
"Ob alle Freuden und verblühn:
"Das grünt auf kleinem Raume.
"Das klammert sich an Jeden fest
"Zu eines Jedem Segen,
"Der sich von ihm umranken läßt
"Auf seines Lebens Wegen.
"Die Hoffnung ist des Lebens Stern.
"Wenn Dich die Nacht umdunkelt,
"Ist er's, der freundlich dann von fern
"In's Leben niederfunkelt.
"Und hell siehst Du, wenn wild es stürmt,
"Wenn sich zu Ungewittern
"Ein schwarzes Heer von Wolken türmt,
"Sein Licht herniederzittern.
"Die Hoffnung ist der beste Stab
"In müder Pilger Händen,
"Dis sie nach Freud' und Schmerz am Grab
"Des Lebens Lauf vollenden.
"Und wie ihr jugendliches Grün
"Belebt des Alters Schwächen,
"Wird stets ihr Stern herniederglüh'n
Und nie ihr Stab zerbrechen."
So sei denn das der Festgesang,
Den laut das Spiel begleitet,
Das mit der Töne reichem Klang
Mir das Gemüt besaitet.
Dies sei das Lied, das mich das Fest,
Des ich mich grüßend freue,
Aus voller Brust heut singen läßt
Und das ich oft erneue.
Die Festtage des Lebens, 1856
(an einem Geburtsfeste)
Schon vieler Herren Länder habe ich durchzogen
Mit meinem Chor, schon oft den Beifall gehört,
Und komm jetzt eben erst hieher gezogen,
Allwo ein großes Fest, wie man mich hat belehrt.
Der Tagesheldin möcht' ich da gern gratuliren,
In Worte kleiden, was das Herz mir tief bewegt;
das schönste Glück möcht' ich ihr wünschen nach Gebühren:
Doch ach! ein schrecklich Angstgefühl sich in mir regt.
Was demnach mir, dem Einzelnen, nicht mag gelingen,
Dem zu dem besten Willen rüst'ge Kraft gebricht,
Das dürfte glücklich wohl vereinte Kraft vollbringen:
Wo nicht, - so zürne Sie uns, Hochverehrte, nicht! -
In jenen Tönen, die zu Ihnen werden dringen,
Verbirgt sich ein geheimnisvoller, tiefer Sinn;
Damit sie aber unenträtselt nicht verklingen,
So nehmen gütigst Sie vorerst die Deutung hin.
Mit Tambour und Trompeter sehn Sie mich umgeben;
Die rufen laut die Glücksgötter all' herbei,
Um fortan Sie mit Glück und Freuden zu umschweben,
Daß schön und ungetrübt Ihr Leben immer sei.
Will Philomele dann ihr süßes Lied erheben,
Wird schnell sie von der Schnarre kräft'gem Klang verscheucht;
Und daß das fernste Ziel erreichen soll Ihr Leben,
Vernehmen aus des Kukuk's langem Ruf Sie leicht.
Die Wachtel denkt entzückt der künft'gen schönen Zeiten,
Und singt ihr Jubellied aus voller, froher Brust;
Auch der Triangel weckt vergnügt zu lauten Freuden,
Sein scherzhaft klingend Spiel, zu hoher sel'ger Lust. -
So haben wir demnach uns insgesamt verschworen,
Mit Rosen zu bekränzen Ihren Lebenslauf;
Klingt's auch mitunter grell und kraus wohl in die Ohren:
's löst doch Alles sich in Harmonien auf.
Dieß ist der Töne Sinn, den jetzo Sie vernommen,
Der laute Glückwunsch, den vereint wir Ihnen weih'n;
Darum ersuch' ich Sie: hübsch nah herbeizukommen,
Doch auch dem Mißgelingen bestens zu verzeih'n!
Die Festtage des Lebens, 1856