Gedichte zur Taufe
(Breslau, 22. Oktober 1892)
Felix Johannes Benvenuto heißt der Knabe:
Nicht heißen nur, - sein soll er's bis zum Grabe!
Ein "Hochwillkommner" kam er in dies Haus
Und löschte manchen Trauerschatten aus:
So soll er stets ein Hochwillkommner sein:
In wackrer Freunde Reih'n,
Beim frohen Becher Wein
Und überall im Leben
Bei ernstem Ringen und Streben:
Und auch die Augen holder Frau'n
Soll'n stets in ihm den Willkommnen schau'n.
(In allen diesen Stücken,
Wie seinem Vater soll's ihm glücken!)
Und nach einem Leben voll Ruhmesschall
Sei er willkommen in Walhall! -
Und ferner sei er ein "Johannes":
Das heißt: "Gott soll ihm gnädig sein."
Es ist kein Zeichen schwachen Mannes,
Blickt gern er auf zum Sternen-Reih'n
Und ahnt, nicht Menschenkraft allein
Vermag das Größte zu gestalten:
In jenen ew'gen Fernen schalten
Uns unerfaßliche Gewalten:
Er lebe bei gnädiger Sterne Schein! -
Dann wird er auch schließlich "Felix" sein:
Ein Glücklicher nicht für sich allein,
Nein, der auch Glück um sich verbreitet,
Wohin er, ein Benvenuto, schreitet.
Denn glücklich machen - glaubt es mir! -
Ist sel'ger viel als glücklich sein.
Und drum, mein Patsohn, wünsch' ich dir,
Auf daß du glücklich mach'st und sei'st,
Der Mutter Herz und des Vaters Geist,
Der Mutter Seele, des Vaters Kraft:
Denn wirst du edel und heldenhaft,
Wirst überall willkommen sein,
Gott wird dir seine Gnade leihn
Und du wirst wandeln in Glückes Schein,
Beglückend ein Beglückter sein.
Darauf laßt uns die Becher heben:
Heil unserm Patkind: - hoch soll's leben!
Felix Dahn
(aus einem Trinkspruche)
"Noch ruhen in der Zeiten Schoße
Die schwarzen, wie die heitren Lose"
Für unsre kleine Neugeborne,
Zur Königin des Fest's Erkorne;
Doch ob als Säugling in der Wiege
Sie noch in stillem Schlummer liege,
Es ruht doch schon auf ihren Wangen
Ein Feenschutz in milder Pracht,
Das ist das offne Mutterauge,
Das sie beschirmt bei Tag und Nacht.
Das ist der Schutz für alle Zeiten,
Das ist der Kindheit bester Segen, -
Es ist der Mutter treue Liebe,
Die Obhut auf den frühen Wegen.
Und könnt ich eine Gabe fügen
Zu diesem Segen ihrer Kinderwelt,
Und wär es wahr, daß manchmal von dem Paten
Ein Hauch - ein Etwas auf den Täufling fällt, -
So wünsche ich: der Sinn für alles Schöne,
Der treu mir blieb in ernst bewegten Zeiten.
Möge auch sie, mit seinem heitren Zauber,
Auf ihrem Lebensweg begleiten!
Ernst Fest
Rose, die am heut vergangnen Tag
Mit den Schwestern um ein Becken lag,
Eine Schale sommerschön umkränzte,
Worin ein geweihtes Wasser glänzte.
Dreimal tauchte in das heilige Naß
Eines Priesters Hand sich, schmal und blaß,
Seinen Segen spendend einem Kinde,
Daß es seinen Weg zum Kreuze finde.
Leuchtendes Symbol der Liebe, nun
Allgemach die Feierklänge ruhn,
Ziehen holde weltliche Gedanken
Durch mein Träumen ihre roten Ranken.
Rosen seh ich, die bei Rosen stehn,
Ihren Duft um eine Wiege wehn,
Zukunftstrunken hör' ein zart Gefieder
Leis ich rauschen, feine Liebeslieder.
Schwirren hör' ich einen fernen Pfeil -
Schlaf Kind, bei den Parzen liegt dein Heil.
Flehen will ich zu den Hüterinnen,
Daß sie einen goldnen Faden spinnen.
Gustav Falke
Da sie mich einst zur Taufe trugen,
Das war ein kalter Jännertag;
Die dünnen, grünen Wellen schlugen
Ans Eis, das auf dem Mühlbach lag.
Und die mich trug, die hob das Linnen
Und fühlte meine Wangen an -
Und sah zwei klare Tränlein rinnen;
Sie standen und erstarrten dann.
Ein Wirbelwind trieb Flockenstücke
Ins Antlitz mir, ich wurde wach;
Ich lauschte von der kleinen Brücke
Hinab zum halbgefrornen Bach.
Und zum Gebirg, zum schneebedeckten,
Sah ich empor im Sonnenstrahl,
Und die befreiten Händchen streckten
Den ersten Gruß ins kleine Tal.
Das weiß ich von der Frau, der lieben,
Die mich durch's Tal zur Taufe trug,
Und weil so treu mir ist geblieben,
Was mir ans junge Leben schlug:
Schneeflocken für die warmen Wangen,
Des wilden Bachs gepreßte Brust,
Ein Tal, von Bergen treu umfangen,
Ein Himmel dann voll Sonnenlust.
P. Maurus Carnot
Nimm die Kerze, liebes Kind!
Bleibe rein, wie Engel sind! -
Dunkel sind noch deine Pfade;
Doch dir strahlt das Licht der Gnade.
Wie der Kerze lichter Schein,
Rein soll deine Seele sein!
Kommt der Kampf mit Sturmgebraus,
Löscht er leicht die Kerze aus. -
Wo sich Gnad' und Reu' verbünden,
Kannst die Kerze neu entzünden.
Wie der Flamme heller Schein,
Rein soll deine Seele sein!
Bleibst du kindlich fromm und rein,
Kommt dereinst ein Engelein,
Nimmt aus deiner Hand die Kerze.
Nach dem bittern Todesschmerze
Geht die Seele sündenrein
Jubelnd in den Himmel ein.
Wilhelm Edelmann
Sprühe, du Zweig, die Tropfen nur
Auf Nacken mir und Wangen!
Dich, heil'ge Taufe der Natur,
Laß gläubig mich empfangen!
Reinige mir das dumpfe Haus
Bis in die tiefste Kammer,
Den finstern Dämon treib' mir aus,
Den angeerbten Jammer!
Absagen mit entschiednem Eid
Laß mich den Wahngedanken,
Der Selbstqual und dem Herzeleid,
An dem wir Alle kranken!
In's duft'ge Ruchgras knie' ich hier;
Und die ich mir entboten,
Die Drossel singt das Credo mir
In selbstgesetzten Noten:
"Ich glaube an den heil'gen Geist,
Der Herz und Welt durchzittert,
Der, was du strebst und wo du sei'st,
Wohlthätig dich umwittert,
Der im Gesang des Dichters lebt
Und in des Vogels Tönen,
Der dir im Kuß entgegenbebt
Vom roten Mund der Schönen,
Der hier der Braut am Traualtar
Das Auge selig feuchtet
Und dort aus grünem Römer klar
In goldner Welle leuchtet,
Der dich im Brand des Tages letzt
Und in der Nächte Schauer,
Der Sträucher noch als Flaggen setzt
Auf die geborstne Mauer,
Der Myrten noch und Rosen pflegt
Auch im zersprungnen Scherben -
In diesem Glauben unentwegt
Leb' ich und will ich sterben."
J. Herzfelder
Ein Gutachten
Bedenk' es wohl, eh' du sie taufst!
Bedeutsam sind die Namen;
Und fasse mir dein liebes Bild
Nun in den rechten Rahmen.
Denn ob der Nam' den Menschen macht,
Ob sich der Mensch den Namen,
Das ist, weshalb mir oft, mein Freund,
Bescheidne Zweifel kamen;
Eins aber weiß ich ganz gewiß,
Bedeutsam sind die Namen!
So schickt für Mädchen Lisbeth sich,
Elisabeth für Damen;
Auch fing sich oft ein Freier schon,
Dem Fischlein gleich am Hamen,
An einem ambraduftigen,
Klanghaften Mädchennamen.
Theodor Storm
1893
Du, liebes Mädchen, bist noch klein,
Bist noch ein schwaches Kind,
Dein Herz ist noch so fromm und rein,
Wie Kinderherzen sind.
Die wir die Hände über dir
Jetzt halten, sind nur schwach;
Dem Schlaf entgegen gehn auch wir,
Die jetzt sind für dich wach.
Drum wollen wir dich Gott vertraun
In Freuden und in Schmerz;
Dir ist's beschieden, ihn zu schaun,
Wenn rein dir bleibt dein Herz.
Johannes Trojan
Heil jenem Tag, der dich geboren,
heil ihm, da ich zuerst dich sah!
In deiner Augen Glanz verloren
steh ich ein seliger Träumer da.
Mir scheint der Himmel aufzugehen,
den ich von ferne nur geahnt,
und eine Sonne darf ich sehen,
daran die Sehnsucht nur gemahnt.
Wie schön mein Bild in diesem Blicke!
In diesem Blick mein Glück wie groß!
Und flehend ruf' ich zum Geschicke:
O weile, weile wandellos!
Karl Henckell