Gedichte zum Geburtstag
Was soll das Leben dir noch schenken,
Das dir der Gaben Fülle bot?
Dein ist ein sinnig mildes Denken,
Der Augen Glanz, der Lippen Rot!
Eros, der Knabe, und Kythere,
Die Mutter, brachten dir schon Zoll;
Verlegen sind sie, wie sich mehre
Dein Füllhorn, das des Glückes voll.
Sie bildete nach ihrem Leibe
Dein schönes Selbst, mein Heil, mein Licht;
Macht dich, nach sich, zum schönsten Weibe,
Ein bess'res Vorbild fand sie nicht.
Er gab dir seiner Schwestern Reize,
In deinen Augen glänzt sein Pfeil,
Die Grazien wussten nichts vom Geize,
Gehorchten ihm, mein Licht, mein Heil!
Und da er nichts mehr hat zu geben,
Flieht er der Mutter gold'nes Haus,
Sich selbst zu bieten Dir, mein Leben -
Und wer schlägt wohl den Eros aus?
Alfred Friedmann
(Einer befreundeten Dame zum Geburtsfeste)
Daß ich dem gold'nen Tag den Rücken kehre,
Um eine Welt, die ew'ge Nacht verhüllt,
Daß ich den alten Kant als Meister ehre,
Hat dich mit heit'rem Unmut oft erfüllt. -
Ein Dämm'rungsfalter, der am gold'nen Tage
Um eine off'ne Rose schwärmt und schwebt,
Streift heut' dein schönes Haupt die dunkle Frage:
Warum man lebt?
Am namenlosen Wunder dieses Lebens,
Um uns und in uns, stumm und rätselhaft,
Erprobt, solange Menschen sind, vergebens
Gefühl und Denken seine Wunderkraft;
Der Geist, der an den felsenfesten Schranken,
Die ihn umufern, rastlos wühlt und gräbt,
Zerstäubt - zerstäubt in sprühende Gedanken,
Warum man lebt.
Der Tag, der dich ins Irdische versponnen,
Da einst dein schönes Aug' das Licht begrüßt,
Erfülle meinen Wunsch: von allen Wonnen
Sei dein Geschick durchduftet und versüßt,
Ein Götterschicksal, frei von Erdenübeln,
Wie's einem Liebling nur die Gottheit webt -
Wer brauchte, wenn er glücklich ist, zu grübeln,
Warum man lebt?
Du hörst mich still, es lächelt Lieb' und Güte
Aus deinem Aug' geheimnisvoll heraus,
An deinen Busen steckst du eine Blüte,
Die du gepflückt aus meinem Blumenstrauß,
Und wie als holder Dank zu meinem Munde
Die zarte, ringgeschmückte Hand sich hebt -
Beim alten Kant! ich fühl' in dieser Stunde,
Warum man lebt!
Alfred Berger
(Zu einem Geburtsfeste)
Diese frühlingstrunknen Träume,
Voll von Duft und Sonnenschein,
Jetzt, da längst entlaubt die Bäume -?
Muse, sprich, was fällt dir ein?
Frauenschönheit, Frauengüte
Lockend mir die Stirn umschwebt,
Mir, der, einsam im Gemüte,
Sinnend in sich selber lebt!
Muse, schickst du, mich zu höhnen,
Mir in meine düstre Welt
Dieses Traumbild alles Schönen,
Das die Menschenseele schwellt?
"Wie ein Thor fragst du nach Gründen,"
Sprach die Muse, lächelnd still,
"Muß ich kalt in Prosa künden,
Was dies Lied dir sagen will?
Mahnend dieses Lied dir sage,
Wenn dein Kopf darauf vergißt,
Wer an diesem Wintertage
Einst geboren worden ist!"
Alfred Berger
Schon zweiundzwanzig Jahre zähl' ich heut,
Und noch kein graues Haar und keine Sorgen,
Noch liegen Rosen in der Welt verstreut -
Ich grüße dich, du heller Sommermorgen!
Küß mir die spröden roten Lippen wund,
Und von der Stirn die heißen Sehnsuchtsünden,
Es möchte sonst der liederfrohe Mund
Zu laut sein stolzes Sonnenglück verkünden.
Denn sonnenaufwärts zieht sich meine Bahn,
Nun will ich wandern, bis der Tag gesunken,
Mag dann der Kummer meinem Lager nahn,
So weiß ich doch, ich hab vom Wein getrunken.
So hab ich aus der Zeit des Lichtes mir
Doch einen Kranz ins stille Boot gerettet,
Und geht die Jugend, dann komm ich zu ihr,
Denn mit der Jugend ist mein Herz verkettet.
Martin Boelitz
Altmutter Stiria sitzt und sinnt:
Was schenk' ich wohl meinem Geburtstagskind?
Noch keiner, den ich zur Welt gebracht,
Hat mir so viel Ehr' wie der Peter gemacht.
Doch Lorbeern gefallen ihm lang nicht so gut
Wie ein Tannenzweiglein am Lodenhut.
Und lang nicht so lieb wie ein Juchuhschrei
Erklingt ihm die schmeichelndste Lobschalmei.
Auch gibt er auf güldene Sternlein nichts -
Ein Ritter wie er, ein Kämpfer des Lichts,
Zeigt mit weit stolzerer Manneslust
Die benarbte als die besternte Brust ...
Altmutter Stiria sitzt und sinnt:
Was schenk' ich wohl meinem Geburtstagskind?
Rot würde vor Scham meiner Berge Schnee,
Wenn er mit leeren Händen mich säh'.
Halt, Peter, ich hab's! Jetzt fällt mir was ein:
Das Schönste auf Erden ist jung zu sein;
Drum sollst Du des Alterns Qual nicht erfahr'n!
Jung bleibe Dein Herz noch mit achtzig Jahr'n!
O. Kernstock
Es braust der März mit frischen Winden
Herein ins Land, das öde lag,
Und schenkt uns wieder glücklich Finden
Von Veilchen dort am Gartenhag.
Die Amsel auch mit mächt'ger Kehle
Verkündet eine neue Zeit;
Es ringt aus Winters Nachtgequäle
Sich los des Lenzes Herrlichkeit.
Und solches Fest trug dich auf Armen
Am ersten Tag ins Leben ein
Zum Licht, zu keimendem Erwarmen,
Zur Lust im ird'schen Sonnenschein.
Er flocht dir seine Blumenkrone
Ums Haupt, und rings der Lüfte Schwall
Schien dir zum Preis, und dir zum Lohne
Das Grün am Dornbusch überall.
Doch jetzt nach oft erneuten Märzen,
Die im Vorbeizug dich begrüßt,
Fühlst du den Dorn erst recht im Herzen,
Indes das grüne Kleid verschießt.
Erblassen siehst du die Violen,
Die du als Kind am Rain gepflückt,
Da sie die Zeit mit flücht'gen Sohlen
Samt ihrem Duft im Staub zerdrückt.
Und jene Stimmen, die sich regen
Im Tal, auf Höhen waldumkrönt,
Sind Klaglaut, der mit Trauerschlägen
Im Innern zitternd wiedertönt.
Natur! - Ein Seufzer hoch nach oben,
Weil alles welkem Tod geweiht,
Bis einst die Schatten all zerstoben,
Zersprengt der Zauber dieser Zeit!
Mag denn dein Frühling auch verwallen,
Vom allgefräß'gen Wurm durchbohrt;
Du weißt, es will der Schleier fallen,
Der hier mit Schein nur dich umflort.
Denn bald - ein Hauch trägt dich von hinnen,
Der frischer ist als Märzeswehn;
Du siehst vor klargemachten Sinnen
Die Wonne Edens auferstehn!
Dort schaust du bessre Blumen wieder,
Und du gewinnst sie ungebückt
Und jubelst mit im Schall der Lieder,
Wovon der Sel'gen Brust entzückt.
Und jeder Dorn wird dann zum Strahle
An einem ew'gen Lebenskranz;
Ein neuer Lenz reicht dir die Schale,
Ihr goldner Segen füllt dich ganz!
Jacob Krebs
(Ein Geburtstagsgruß ohne Angebinde)
(1867)
Wieder naht die große Stunde,
Wieder kam der schönste Tag.
Doch des Sängers weichem Munde,
Horch, entquillt ein schmerzlich Ach!
Fasse dich, geliebtes Wesen,
Heut im Geist nur dich zu freun; -
Sieh, und glaube hier zu lesen:
Arcisstraße Nummer Neun!
Denk', auf einen Drücker drückst du;
Welch' ein Thor entriegelst du!
Hoher Scheiben Pracht erblickst du,
Rechts und links dich spiegelst du;
Hehre Säulen glänzen nieder,
Näher trittst du, trittst hinein,
Und du rufst: Da bin ich wieder,
Arcisstraße Nummer Neun!
Herbstlich fächelt dich die Kühle
Schöngeschmückter Zimmer an;
Herbstlich trauliche Gefühle
Künden dir den Winter an;
Herbstlich lieblich röthet eben
Draußen sich der wilde Wein,
Und du sprichst: hier laß uns leben,
Arcisstraße Nummer Neun!
Was für Blumenständer ragen
Dort am Fenster, jugendschön;
Was für Gipse stehn und fragen,
Ob du edlere gesehn?
Welche Fülle seltner Gaben
Lächelt dir ins Herz hinein?
Ja, das alles sollst du haben
Arcisstraße Nummer Neun!
Freue dich, o Engel, freue
Dich im Geiste heut voraus!
Zu des neuen Hauses Weihe
Schmückt sich bald das neue Haus.
Und von Liebenden umgeben,
Die sich ihrer Herrin freun,
Lieben sollst du dann und leben
Arcisstraße Nummer Neun!
Adolf Wilbrandt