Gratulation zum Geburtstag
Die milde Luft und der Sonnenschein,
Die trieben mich heute in den Garten hinein,
Da sah ich rings um mich her so schön
Auf allen Beeten die Blümlein stehn,
Die hoben die Kelche empor in die Luft,
Sie würzend mit ihrem süßen Duft.
Da tratst bei der Blumen reicher Zier
Du plötzlich vor die Seele mir,
Du, welche heut mit heiterm Blick
Ein Fest begeht, so reich an Glück;
Denn die Blumen, so freundlich und so mild,
Sind ja Dein treues Ebenbild;
Da bückt' ich mich und pflückte sie,
Und biete sie Dir in der Früh.
Nimm hin den Strauß, der bittend spricht:
Verschmähe die kleine Gabe nicht!
Die Festtage des Lebens, 1856
(mit einer Rose)
Verödet stehn die Fluren und die Haine,
Noch deckt ein weißes Sterbekleid das Feld,
Und tausend Stimmen rufen laut: "Erscheine,
"Du holder Lenz, zur Freude für die Welt;
"So sehnsuchtsvoll regt jedes Herz, so bange,
"Sich unter dieses starren Winters Druck.
"Du Freundlicher, wo weilest Du so lange
"Mit Deiner Blüten farbenreichem Schmuck?
"Und Deine milden Lüfte, deine Sänger
"Mit ihrer Lieder süßem Zauberklang -
"Wo weilen sie? - O Lenz, nicht zögre länger,
"Denn alle Herzen schlagen schwer und bang!" -
So tönts von allen Lippen ihm entgegen,
So spricht auch bang und klagend wohl Dein Mund. -
Getrost! Bald nahet er mit seinem Segen
Und schmücket reich das weite Erdenrund!
Aus Eis und Schnee siehst unter seinem Hauche
Du Blumen dann und Blüten rings erblühn,
Und strahlend wird dann auch in Deinem Auge
Die Lebenskraft in neuen Flammen glühn.
Er wecke Dich zu einem schönern Lose,
Daß Du Dich freust des Lebens heitern Blicks! -
Als ersten Gruß von ihm nimm diese Rose,
Sie sei ein Pfand Dir eines neuen Glücks! -
Die Festtage des Lebens, 1856
(bei Überreichung eines Blumenstöckchens)
So wie mitten in des Winters Nacht
Diese Blümlein lieblich sich entfalten,
Wie in bunten, freundlichen Gestalten
Sie verkünden schon des Lenzes Pracht:
So erblühn um uns her tausend Freuden,
Wirst Du älter auch und immer älter,
Wird das Herz auch kälter Dir und kälter,
Wenn wir sie durch Liebe uns bereiten.
Und so mögen diese Blumen es Dir deuten,
Wie der Freundschaft und der Liebe Kraft
Auch besiegt die Allgewalt der Zeiten,
Selbst im Lebenswinter Blumen schafft.
Die Festtage des Lebens, 1856
Der schöne Tag, der Dich dereinst geboren,
In welchem an des Daseins gold'nen Toren
Dein Genius in's Leben Dich geküßt -
Der schöne Tag sei freundlich mir gegrüßt.
"Beginne," sprach der Engel, "Deinen Lauf,
"Und wo Du geh'st, sei Liebe Dein Begleiter,
"Der Himmel strahle freundlich Dir und heiter,
"Und wo Du weilest, sprieße Freude auf."
So sprach der Engel, und in Deinem Herzen
Erblühte Mitgefühl bei fremden Schmerzen
Und Mitgefühl bei deiner Brüder Glück.
Er lehrte Dich mit holder Anmut scherzen,
Und wenn des Lebens Himmel Wolken schwärzen,
Dann scheucht Dein heitrer Sinn den Gram zurück.
O Heil sei Dir! Beglückend und beglückt
Hast Achtung Du und Freundschaft Dir errungen,
Und mit der Liebe schönen Huldigungen,
Den Weg durch's Leben herrlich Dir geschmückt.
Sieh', wie die Deinen jubelnd Dich umringen,
Sie Alle, Alle lieben innig Dich,
Den frohen Gruß der Liebe Dir zu bringen
Tönt jeder Mund - und schweigen sollte ich?
O zürne nicht dem kühngesproch'nen Wort,
Es riß sich los aus tiefbewegtem Herzen,
Du banntest ja so oft, so oft die Schmerzen
Durch Spiel und Scherz aus meiner Seele fort.
Getrübt schwand mir die schöne Zeit der Jugend,
Und Täuschung nur gab mir ein kurzes Glück,
Da sah ich Dich, und glaubte Frauentugend
Und Hoffnung kam in meine Brust zurück.
O laß mich dankend Deine Hand erfassen,
Ein treues Herz weiht seine Wünsche Dir.
Bleibt Deine Achtung, Deine Freundschaft mir,
Dann fühl' ich mich hienieden nicht verlassen.
Die Festtage des Lebens, 1856
(Um dies Gedicht wird ein Kranz mit Rosen, der von Ähren durchschossen wird, gemalt)
Ein neuer Grundstein Deiner Pilgerjahre,
Von Deiner Wiege bis zur Totenbahre,
Steht wieder nun vor Deinem Blick.
Du sah'st die Zeit im raschen Flug' entschweben,
Ein heit'rer Traum war Dir bisher das Leben,
Gestöret nicht von düsterm Missgeschick.
Für Mühen wurde Dir des Segens Wonne,
Und in dem Herzen strahlte Dir die Sonne
Des frohen Mutes, der Zufriedenheit.
Das höchste Glück, das Band der zarten Triebe
Umschlingt Dich traut in Deiner Gattin Liebe,
Im Zauberkreise stiller Häuslichkeit.
So bleibe unverändert Dir das Leben,
Wie dies Gedicht, von Rosen hold umgeben,
Durchwebt von Ähren, reich an Füll' und Zahl
Des Körpers Wohlsein fliehe von Dir nimmer,
Und Gott erheit're Deine Seele immer,
Bis sie entschwebet einst dem Erdental.
Er schenke Dir der Jahre viele, viele!
Eh' Du, als Wanderer am Scheideziele,
Erblicken wirst das letzte Abendrot
Erst wenn Du sprichst: Jetzt hab' ich ganz erfüllet
Des Lebens Pflicht, und jeden Wunsch gestillet!
Erst dann umarme Dich der Engel Tod.
Poetischer Bibliothekar, 1845
Auf der großen Lebenstreppe,
Die allegro man besteigt
Und andante abwärts schleicht,
Hast Du einundfünfzig Stufen
Heute glücklich neu erreicht.
Stehest an dem neuen Ziele,
Wohl ergriffen vom Gefühle,
Das die Wehmut, das die Lust
Senket in des Menschen Brust.
Weiter geht es auf der Reise
Stufen nun mit Dir hinab.
Aber rüstig ist der Stab,
Den zur Wanderschaft hienieden
Die Natur Dir freundlich gab.
Geht es denn auch endlich leise,
Wirst Du auf der Lebensreise
Doch noch lange Wand'rer sein
Und der Freundschaft Dich erfreu'n.
So vereint die Freundschaft heute
Sich zu einem frohen Mahl,
Reicht Dir jubelnd den Pokal,
Freu't sich Deines Wohlergehens;
Deine Freunde, reich an Zahl,
Wirst Du heute hier erblicken,
Wie sie Dir die Hände drücken.
Wie sie fast Unsterblichkeit
Wünschen Dir zur Lebenszeit.
Poetischer Bibliothekar, 1845
Wo ist denn wieder mit den Wechselstunden,
Mit Freud' und Schmerz, mit Glaub' und Wahn,
Wie jedes Herz gelitten und empfunden,
Ein Jahr im Zeitenstrome hingeschwunden
Auf Deiner ird'schen Lebensbahn;
Und wieder steh'st Du au dem neuen Ziele,
Und blick'st zurück mit daukbarem Gefühle.
So nimm denn hin, was ich Dir heute weihe,
Als wahrer Freund, Dir, treuem Freund.
Ich fleh' für Dich, dass während Jahrenreihe
Dem Herz sich noch der Erdengüter freue,
Dir noch des Lebens Sonne scheint;
Dass nie der Wunsch entrausche Deiner Lippe:
O komm, du Tod, mir deiner Sens und Hippe!
Noch mögen Jahre wieder Jahre treiben,
Die Seelen wandern aus und ein,
Doch Du gesund und frohen Mutes bleiben,
Kein Doktor je Rezepte Dir verschreiben,
Kein Apotheker nötig sein;
Bis Du Dich selber sehn'st nach Himmelsfrieden,
Und rufest: Tod! nun hol' mich, Lebensmüden.
Dann bett' er sanft Dich, nach dem letzten Traume
In Muttererde, in ein kühles Grab,
Und pflücke dort, im bessern Sonnenraume,
Von Edens goldumkränztem Wunderbaume
Dir schöne Früchte ew'ger Wonne ab;
So, dass Du selber Dir musst eingestehen:
Ich hab' den Tod für böser angesehen.
Poetischer Bibliothekar, 1845