Vers zum Geburtstag
Und wieder in der Stunden flücht'gem Tanz,
Gleich einem Traume, ist die Zeit entschwunden,
Und wieder hat in Deinen Lebenskranz
Als neue Blüte sich ein Jahr gewunden.
Die Tage, sie entfliehn so windesschnell,
Gleich welken Blättern, die vom Baum sich lösen.
Heil Dir, wenn jeglicher Dir sonnenhell
Ein Tag des Glücks, der Freude nur gewesen.
Und hat von Dir auch seinen schweren Zoll
Des Lebens dunkler Genius genommen,
Und blieb auch Dir nicht fern der Schmerz, dann soll
Ein neues Jahr, ein besseres Dir kommen;
Nicht eines nur, nein, eine reiche Zahl
Von Jahren soll das Schicksal Dir gewähren,
Und jegliches von ihnen soll der Strahl
Der Freude und des reichsten Glücks verklären!
Die Festtage des Lebens, 1856
Im Stundenglas verrinnt der letzte Sand;
Ein Jahr schwand wieder hin in Deinem Leben!
Es wehen rauh die Stürme durch das Land,
Von Schnee und Eis ist rings die Flur umgeben;
Doch in den Herzen flammt ein heil'ger Brand,
Denn alle sind in Liebe Dir ergeben;
Ein Wunsch durchbebt sie, wie die Zeit entschwand:
Dein Herz soll Glück und Freude nur durchbeben!
So nah'n wir Dir! - Ob rings auch in der Welt
Chaotisch oft die Kräfte sich verwirren,
Was uns so fest mit Dir verbunden hält,
Läßt unsre Herzen wanken nicht und irren,
In einem Wunsch eint Aller Wunsch sich heut:
Reich sei an Glück bis zu der fernsten Zeit!
Die Festtage des Lebens, 1856
Du sahst dereinst an diesem schönen Tage
Des Lebens Engel freundlich mild Dir nahn;
O zürne nicht, Du Teure, wenn ichs wage
Mit dieser kleinen Gabe Dir zu nahn!
Sie wecke Dich mit jedem Stundenschlage
Zu neuem Glück auf Deiner Lebensbahn,
Und ob ihr Zeiger weiter rückt und weiter,
Dein Leben bleibe ruhig stest und heiter.
Es sei ein klarer Spiegel, rein und helle,
In dem sich malt des Himmels ew'ges Bild;
Tief in der Brust fließt Dir die heil'ge Quelle,
Aus der für Dich und Andre Segen quillt;
Und nie versiege diese reine Welle! -
Gewiß der treuste Wunsch, er wird erfüllt!
Dein Leben bleibt bis zu den fernsten Fernen
Bestrahlt von tausend milden Friedenssternen!
Die Festtage des Lebens, 1856
Heut, wo so Viele liebend Dir
Die reichsten Blumen streuen,
Vergönne auch, Du Teure, mir
Dir meinen Wunsch zu weihen.
So heiter, wie Dir heut, so rein,
Die Freude tritt entgegen,
Soll stest Dein ganzes Leben sein,
Und so voll Himmelssegen!
Und jeden Wunsch, den für Dein Glück
Du hegen wirst im Stillen,
Den soll ein gütiges Geschick
Auch liebend gleich erfüllen.
Dies sei mein Wunsch! und was ich hier
Dir wag' zu überreichen,
Das nimm mit Güte an von mir
Als meiner Achtung Zeichen!
Die Festtage des Lebens, 1856
Ein holder Knabe brachte mir
Heut diese Blumenspende,
Daß ich als Liebesgruß sie Dir
Zu diesem Tage sende;
Er sprach: "Bald naht die schöne Zeit,
Wo schauernd vor Entzücken,
In milder Pracht und Herrlichkeit
Sich alle Fluren schmücken;
Wenn reicher erst das weite Land
Prangt in dem Schmuck der Blüten,
Dann soll Ihr liebend meine Hand
Noch bessre Gaben bieten;
Für Seel' und Leib' geb' ich Ihr Kraft
Zum herrlichsten Gewinne,
Daß sie des Lebens Pilgerschaft
Mit neuem Mut beginne!"
Was ich aus seiner lieben Hand
Für Dich empfangen habe,
Nimm hin als süßes Hoffnungspfand
Des Frühlings erste Gabe;
Wenn bald, geweckt von seinem Kuß,
Die Blumen sich erheben,
Dann bringe als den schönsten Gruß
Er Dir ein neues Leben!
Die Festtage des Lebens, 1856
Nimm hin was Dir das Herz voll Liebe weiht
Zu Deines Lebens ird'schem Wiegenfeste!
Doch sei die Liebe, die ihm Wert verleiht,
Auch heute Dir der kleinen Gaben beste.
Die Liebe sei's! - Sie spendet ihre Blicke
Empor zum Lande, da der Friede thront,
Empor zu Ihm, dem Lenker der Geschicke,
Der dort umjauchzt von seinen Engeln wohnt.
Sie tritt vor Ihn; still betend sinkt sie nieder;
Es leuchtet ihr ein himmlisch Strahlenlicht,
Von ihm verklärt kehrt sie zur Erde wieder,
Wo nun ihr Mund das Wort des Glaubens spricht:
"Es gibt ein Land, da schweigen Schmerz und Klagen!
Es gibt ein Sein, wo uns kein Weh berührt!
Dahin wird unser Lebensschiff getragen;
Das ist das Land, zu dem die Trennung führt.
Und an dem Tage, den die Zeit erkoren,
Daß, was wir sind, dies Erdental verläßt, -
Da wird der Mensch zur Ewigkeit geboren; -
Das ist des Lebens himmlisch Wiegenfest."
Die Festtage des Lebens, 1856
(bei Überreichung von Blumen durch ein Kind)
Der Freude reinster Strahl verklärt heut
Das Auge Deiner Lieben, dankerfüllt
Schau'n sie empor zum Vater, welcher einst
An diesem Tage Dich in's Leben rief.
Nicht sie allein - nein, Deine Freunde auch
Ob nah, ob fern, begrüßen diesen Tag
Mit Freude und mit Wünschen für Dein Glück.
Ja, glücklich sollst Du sein, wie nur hienieden
Ein edles Herz zu werden es vermag!
Nie trübe Schmerz und Sorge Deinen Blick,
Er strahle hell in Freude und Gesundheit.
Du, deren Herz so warm, so innig sich
An Blumen und an Blüten stets erfreute -
Zürnst Du, wenn eine zarte Kindeshand
Ein Sträuschen Dir an diesem Tage bietet?
Selbst eine Blüte noch, rein und unschuldig,
Reicht sie mit einem Blick der Liebe Dir
Die kleine Gabe - nimm sie gütig hin;
Und wenn die zarten Kinder der Natur
Ach, nur zu bald verwelken - denke dann,
Daß unsre Liebe nicht mit ihnen welkte!
Die Festtage des Lebens, 1856